Ich hatte ja schon an anderer Stelle angerissen,
wie man eine sexuelle Bildersprache internalisieren kann die nicht die eigene ist, was zu Phantasien führen kann, die nur als solche, nur im Abstrakten, aber nicht im eigenen Leben funktionieren können, weil die Filme im Kopf dann nicht wirklich eigene Vorlieben ausdrücken.
Das funktioniert abseits von Sex genauso gut.
Das führt dann zu lustigen Effekten, wenn man
Bilanz des eigenen Lebens zieht, und den beliebten Taxi-Effekt —
"der Taxameter läuft, aber ich fahre nicht, ich habe schon so viel Leben verbraucht, aber so wenig gelebt"
— hat, selbst wenn man sich dann mit anderen vergleicht und sich wundert, wieviel mehr man "gelebt" hat. Wenn man feststellt, dass man die Erfolgsmessung für das eigene Leben an einem aus den Medien erlernten Standard für perfekte Leben und nicht an den eigenen Bedürfnissen, der eigenen Zufriedenheit festmacht, als gäbe es ein
one size fits all
-Leben das alle glücklich machen könnte.
"The race is long, and in the end, it's only with yourself."
Wenn man sich eine Zeit der Ruhe gönnt, zur Abwechslung
a life more ordinary
, und sich dann dafür schuldig fühlt, sich aus dem kollektiven Traum ausgeklinkt zu haben. Nicht mehr mitzumachen, selbst die letzten Moren wegzuwerfen. Die Gemeinschaft zu verraten. So gut kann diese normative Kraft funktionieren.
Nun habe ich ja schon an anderer Stelle geschrieben, daß man am besten
überhaupt nichts glauben sollte (jaja,
"auch dies nicht"
). Und ich beginne langsam zu glauben, dass das auch für die Gründe gilt, warum ich rollenspiele.
Rollenspiel liefert das setting zum Fetisch gleich mit. Mein Traum-Ich hat dann nicht nur den Beispiel-Lamborghini, sondern auch die leeren Strassen und den Sonnenuntergang. Und die ganzen kleinen Unzulänglichkeiten träume ich einfach nicht mit. Und vielleicht kann ich mir den schnellen Wagen auch im richtigen Leben gar nicht leisten. Das sind ja die beliebten Erklärungen, Weltflucht, Ersatzbefriedigung.
Aber vielleicht ist das alles Müll.
Vielleicht ist Rollenspiel nämlich nur meine Methode, mich mit den fremden Träumen, mit denen ich seit zwanzig Jahren bombardiert werde, auseinander zu setzen, ohne sie zu meinen eigenen zu machen. Teil von mir sind sie natürlich bereits, und daher muss ich auf eine andere Weise durch
arbeiten wovon ich weiß, daß ich es nicht durch
leben will.
Und vermutlich liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte — im Rollenspiel inszeniere ich, perfekt und ohne die kleinen Mängel des wirklichen Lebens, fremde Träume.
Wie außergewöhnlich deprimierend.
in der blackbox on : Wintergedanken zum Rollenspiel...