In der
Ethical Slut
geht es auch speziell um sexuelle Unsicherheit (
"Polyamorie ist die Lösung — « Was kann sie das ich nicht kann? » muß niemand fragen, der von sovielen Liebhabern lernen kann!"
). Ein Gedanke, der sich unmittelbar aufdrängt ist ja der, daß wenn der Partner es woanders besser findet, es wohl offenbar doch nicht so toll passt, und man ihn in G-ttes Namen ziehen lassen mag, weil alles andere ja schließlich egoistisch wäre.
Nur ist es ja so, daß Beziehungen den Gesetzen der Thermodynamik unterworfen sind. Entweder überhöht man das Objekt der Begierde (zuerst hilft der Hormonrausch und die Tatsache, daß man sich ja noch nicht so gut kennt; dann kann man sich eine Zeit lang belügen, und bis es wirklich nervt, hat man den geliebten Menschen ja hoffentlich im eigenen Sinne beeinflusst und ihm die Marotten ausgetrieben ; ). Das ist natürlich inhärent unfair, da es eine Perfektion von ihm verlangt, die wohl niemand bieten kann. Nur ist die Alternative ja durchweg unromantisch: man gesteht die Mangelhaftigkeit (vulgo: "Menschlichkeit") des Partners ein, identifiziert die Mängel, und substituiert passend mit anderen Personen. So kommen, je nach Fehlerlage, beste Freundinnen oder Polyamorie zustande sowie, falls die Primärbeziehung im Abfinden mit dem status quo versinkt, das was Erich Fromm eine "freundliche Eigentümergemeinschaft" nannte.
Eifersucht nun, die Furcht also, daß jemand anderes etwas bekommt, oder man selbst etwas nicht bekommt (oder beides, daß jemand anderes bekommt, was einem selbst zusteht), steht damit in offensichtlichem Zusammenhang: zum einen, wenn das Selbstwertgefühl von exclusiver Intimität abhängt (was sexuell sein kann, aber nicht muss), zum anderen wenn wie oben eine Bestandsbeziehung in der alles "so seinen Gang geht" (auch bekannt als
"Das Leben ist ein langer ruhiger Fluß"
) gegen die Option auf eine Beziehung antritt, in der alles neu und aufregend ist. Polyamorie löst hier das Problem zunächst, in dem sie das
"entweder … oder"
abschafft. Das eigentliche Problem ist ja meist Verlustangst — die Angst, den Partner ganz oder "in Teilen", d.h. seinen Primärfokus zu verlieren (und damit natürlich auch alle positiven Auswirkungen auf das eigene Selbstwertgefühl). Man will ihn also instinktiv in einer Beziehung halten, die ihm offenbar nicht all das gibt, was er braucht.
Dann lass' ihn doch einfach gehen, wenn's nicht mehr passt!
, sagten wir oben — aber mal ehrlich, wie einfach ist das? Ersatzkandidaten gibt es wie Sand am Meer, sicher. Aber solche mit echtem Potential? Schon an der Wand vom Gymnasiumsklo wurde ja verkündet, daß Jungs wie Porzellandampfer seien — entweder besetzt, oder beschissen. Und die Volksweisheit kündet, daß sich die Menge der akzeptablen Kandidaten, die man nicht erst aus einer bestehenden Beziehung herauslösen muß, mit den Jahren nicht eben bessert. Was wundert es da, wenn manche
n Verlustängste plagen? Wenn geeigneter Ersatz rar ist und draußen die Schlampen gierig nach geschwächtem Fleisch um die Häuser streichen?
In terms of jealousy, the book's pretty interesting, as it makes some statements (
"you have to do …, but not more"
, presumably with an implied
because it's the only workable way in poly relationships, in our experience
), that are a bit surprising because they're so not what you might hold as intuitively obvious, self-evident,
right — and then you ask yourself, well, why
do I hold these things as self-evident? Society led me to expect these things, but do they really apply? Even if you don't end up buying into their argument, you will presumably emerge with minor enlightenment after questioning and re-evaluating your expectations from a relationship. The downside is obvious: the more sophisticated and non-mainstream you become, the more elaborately you will have to communicate this basis, and the harder it may get to find compatible partners.
Looks are like way cool, they allow you to delude yourself into thinking that being attractive is something inherent to you, not something you have work for. An attribute, not an activity, something you are, not something you do.
Auf mancherlei Art mutet der "monosexuelle" Weg wie eine Fortsetzung des "Jungfrauenkults" an, in dem sich die Gattin mangels Vergleich etwaiger sexueller Unzulänglichkeiten ihres Mannes nie bewußt wird. Auf eine gewisse Weise führt auch diese Art der Beruhigung zurück zu Fromm, der Attraktivität nicht als "Besitz", sondern als Aktivität beschreibt: wer sich nicht mehr aktiv mit dem Partner auseinandersetzt, wirkt auch nicht mehr attraktiv; so ist diese Form von Sicherheit ein weiterer
Haben und Sein
-Irrtum, ähnlich wie möglicherweise der Wunsch nach Schönheit eigentlich der ist, trotz mangelnder Aktivität attraktiv zu wirken. Während einerseits der Wunsch nach einem "Hafen der Ruhe" verständlich ist, der Wunsch danach, sich nicht ständig in einer Konkurrenzsituation zu sehen, auf den Partner vertrauen zu können, verkommt er doch schnell zur Entschuldigung dafür, nichts für die Beziehung zu tun. So wird all das, was die Beziehung besonders gemacht hat, für "ein bißchen Frieden" verkauft.
Ich hol vom Himmel Dir die Sterne, so schwören wir den Frauen gerne —
später holen wir nicht mal aus dem Keller Kohlen.
— Heinz Erhardt
Das ist vielleicht eine der Kernfragen: ist man bereit einzugestehen, daß
Ich habe erobert und bin jetzt in vielerlei Hinsicht fertig, da ist die Heiratsurkunde, zum Beweis
möglicherweise kein geeignetes Modell ist? Und daß dieses "Erobern", ohnehin vielleicht nicht das günstigste Wort, kein Projekt, sondern ein Prozess ist? In welchem Umfang greift das Gesetz der Trägheit?
Dennoch bleibt bei Polyamorie die Frage, wie exclusiv Ressourcen sind. Zeit. Kraft. Und sogar Ideen — man will bestimmte Dinge ja nur einmal tun (und selbst wenn nicht, hat das erste Mal ja etwas besonderes). Davon ab stellt sich die Frage, ob es möglich ist, daß nur ein Partner polyamorös ist, und nicht beide — ich glaube, da müsste man schon eine sehr gefestigte Persönlichkeit besitzen, um sich nicht der Einschätzung aus dem tradionellen Lager tangieren zu lassen: "der/die betrügt Dich offen, und Du ziehst keine Konsequenzen!?"
Ansonsten? Weiß nicht, so furchtbar weit bin ich noch nicht mit dem Lesen, so daß ich nicht sagen kann, ob zum Beispiel Dinge die nicht ordentlich erklärt werden böse Vorwärtsreferenzen oder noch bösere Unterlassungssünden sind. So liest es sich streckenweise wie,
Die böse Gesellschaft hat Euch dummes Zeug als nicht zu hinterfragende Axiome verkauft — hinterfragt! Akzeptiert nichts ohne eine Begründung, die zu Eurem Leben, Euren Gefühlen passt!
— was ja soweit fein ist — und dann bekommt man einen Sack neuer,
anderer nicht oder schlecht begründeter Grundsätze. Das nervt schon eklatant. Vielleicht hätte man da was machen können, wenn die Autorinnen weniger Zeit damit verbringen würden sich selbst auf die Schulter zu klopfen, und mehr mit eigentlicher Information.
(NB — Zuerst wollte ich das gar nicht posten, weil ich dachte, huah, da glauben bestimmt welche, ich lese das, weil mein Beziehungs-/Liebes-/Sex-Leben eiert. Aber Quark. Wenn jemand doof sein will, dann schafft er das mit oder ohne mich als Anlass. Wenn also jetzt einige Experten im Kaffeesatz zu lesen versuchen? Solange es lustiger Unfug ist der dabei herauskommt, von mir aus.)
Tatiana Azundris on : Eine Weihnachtsgeschichte